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Privatsachverständiger gegen Gerichtssachverständiger
Ist eine Partei bei der Anhörung des Gerichtssachverständigen auf die Unterstützung eines von ihr beauftragten Privatsachverständigen angewiesen und ist dieser am anberaumten Terminstag verhindert, so begründet die Weigerung des Gerichts, den Verhandlungstermin zu verlegen, die Besorgnis der Befangenheit.In einem Schadensersatzprozess wurde ein medizinisches Gutachten eingeholt. Hierzu nahm der Kläger Stellung und erhob unter Bezugnahme auf ein von ihm beauftragtes Privatgutachten Einwendungen. Das Gericht bat den Gerichtssachverständigen um eine ergänzende Stellungnahme. Der Kläger hielt seine Einwendungen aufrecht und bekräftigte sie durch eine weitere Stellungnahme des Privatsachverständigen. Zudem machte er geltend, dass unüberbrückbare Widersprüche zwischen den beiden Gutachten bestünden und beantragte, sowohl den Gerichtssachverständigen als auch ihren Gutachter zur mündlichen Verhandlung zu laden. Das Gericht lud nur den Gerichtssachverständigen und forderte die Klägerin auf, selbst dafür Sorge zu tragen, dass der Privatgutachter am Termin teilnahm. Da dieser am anberaumten Terminstag verhindert war, beantragte der Kläger eine Terminsverlegung, die das Gericht ablehnte.
Das OLG Karlsruhe sieht keine Verpflichtung des Gerichts, auch den Privatsachverständigen einer Partei zum Anhörungstermin zu laden. Das ist nicht unbedenklich, weil das Gericht den gesamten Prozessstoff zu würdigen hat und dazu auch von Parteien vorgelegte Privatgutachten gehören. Wenn Gerichts- und Privatgutachten voneinander abweichen, muss das Gericht auch den Privatsachverständigen einer Partei laden und beide Sachverständige gegenüberstellen, da es ihm in aller Regel an einer eigenen (besseren) Sachkunde fehlt.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.03.2011 - 9 W 7/11